
Diese magischen Momente, Minuten, Viertel- und halbe Stunden, zwischen Fertigsein und Losgehen, zwischen Verabredung und deren verspätetem Eintreffen; das ist Geschenkte Zeit, die es vorher gar nicht gab und die dann völlig überraschend auftaucht. In der nichts mehr passiert – und manchmal alles.
In diesen völlig ungeplanten und unverplanten Momenten entsteht plötzlich diese Leere in mir, ein Vakuum, das Ideen, Gedanken und schließlich Töne, Musik anzieht. Irgendwie hektisch und doch sehr ruhig fließen Energien und manifestieren sich in Riffs, Akkordfolgen, Rhythmen und liegen bereit für ein späteres Wiedertreffen.
Ein Trick: man muss es als das zu verstehen und zu nutzen lernen. Akzeptanz der Magie.
Und manchmal läuft es ganz anders. Während des Familienbesuchs in Spanien wird mir vermeintlich gerade so ein Moment geschenkt; während alle anderen noch in der hektischen Vorbereitung zum Ausflug in die sierra sind, sitze ich mit gepacktem Rucksack in meinem Zimmer und greife zur Gitarre. Vakuum, dann Töne. Irgendwann „¡vale, vamos!“, und ich springe auf, Sonnenbrille, Hut, Jalousien runter, Tür zu, raus.
Nach wirklichen langen Minuten (Viertelstunden?) des Wartens in der sengenden Sonne und noch ganz im Vakuum und in den Tönen wird mir plötzlich klar: diese Geschenkte Zeit wurde mir gerade wieder gestohlen. Nicht vorsätzlich und von Zeitdieben, sondern von der manera española. „¡Vale, vamos!“ war in diesem Fall eher der Aufruf, demnächst mal langsam ans Losgehen zu denken. Das hatte ich ganz vergessen und will es wieder lernen. Akzeptanz.
Und vielleicht ist es ja gar nicht die manera española, sondern eine bloße Definitionsvarianz…
Die Riffs, Melodien, Rhythmen jedenfalls haben sich in einem neuen Stück Musik manifestiert, Arbeitstitel „Esmorzaret de coloms“.